Vor ungefähr zehn Tagen tauchte auf unserem Grundstück eine Taube auf. Es war keine gewöhnliche Taube, wie man sie in vielen Städten sieht und es handelte sich auch nicht um eine Wildtaube. Immer öfter konnten wir den Vogel in den folgenden Tagen beobachten. Sehr scheu war die Taube nicht, und so stellten wir fest, dass sie an jedem Bein einen Ring trug. Der Mann des Hauses konnte irgendwann erkennen, dass auf einem Ring unter anderem “Tel” stand. Ich forschte daraufhin im Internet nach und fand heraus, dass dort die Telefonnummer des Besitzers zu finden war. Also schlich ich so lange um die Taube herum, bis ich die Nummer komplett abgelesen hatte. “Ich ruf da jetzt an!”, verkündete ich daraufhin und setzte dies gleich in die Tat um. Es empfing mich nur der Anrufbeantworter, auf dem ich eine Nachricht hinterließ. Keine fünf Minuten später rief der Besitzer aus Paderborn an. Er berichtete, dass vor kurzem ein Wettbewerb in Frankreich stattgefunden habe und einige Tiere aufgrund des starken Westwinds zu weit geflogen seien. Hannover sei für ihn ein bisschen zu weit weg, um selbst vorbeizukommen, aber er habe einen Bekannten in Garbsen, der könne die Taube abholen – wenn es denn gelänge, sie einzufangen. Immerhin hatte ich noch einen Vorrat Wildvogelfutter, das ich ihr in den Vorgarten streute, auch eine Schale mit Wasser hatte ich bereits aufgestellt. Das erfreute den Besitzer sehr und ich versprach ihm, weiter zu füttern und Fangversuche zu unternehmen. Aber wie fängt man eine Taube ein? Näher als eine Armlänge Entfernung kam ich nicht an sie heran, und ich glaube, ich hätte mich nicht getraut, einfach zuzupacken. Daher plante ich, einen Wäschekorb als Hilfsmittel einzusetzen und stellte diesen am letzten Dienstag bereit. Beim ersten Versuch hatte ich kein Glück, die Taube war schneller und rettete sich auf das Hüttendach.
In den nächsten Tagen war es kühl und teilweise regnerisch, sodass wir uns nicht häufig draußen aufhielten. Die Taube war auch nicht mehr zu sehen, ich hoffte, sie hätte von selbst den Heimweg angetreten. Doch am Freitag tauchte sie wieder auf und auch der Besitzer meldete sich erneut, um nach Neuigkeiten zu fragen. Heute Mittag landete die Taube erneut im Vorgarten und marschierte dann an der Gartenhütte entlang, weil dort unter der Futterstation heruntergefallene Körner lagen. Ich packte meinen Wäschekorb und schlich hinter ihr her. Vorsichtig, vorsichtig, immer langsam, Schritt für Schritt. Noch einen Schritt, dann noch einen und – schwupps! – platzierte ich den Korb über der Taube. Da saß sie nun, endlich eingefangen, und ich konnte dem Eigentümer schließlich die gute Nachricht übermitteln. Er informierte seinen Bekannten, der das Tier am frühen Abend abholte. Geschafft!
Nachtrag 02.07.2013
Der Besitzer rief an und berichtete, dass sein Tier heute nach Paderborn gebracht worden sei. Allein hätte die Taube allerdings den Weg nicht geschafft, sie sei doch “ziemlich heruntergekommen” gewesen. Für den Laien nicht erkennbar, aber ich habe mittlerweile nachgelesen, dass es die größte Herausforderung sei, einer Taube nach einem Wettbewerbsflug das verlorene Gewicht wieder anzufüttern.