Nachteulen – faul und undiszipliniert?

Posted on 3 September 2008 at 17:15 in Menschen, Persönlich.

Wieso ist der eine eher ein Frühaufsteher, der andere hingegen selten vor Mitternacht ins Bett zu kriegen. Zu diesem Thema hatte ich vor fünf Jahren schon einmal etwas geschrieben und Informationen dazu gefunden: Lerche oder Eule – die Gene sind schuld.
Leider steckt in vielen Köpfen das Vorurteil, Nachteulen seien faul, undiszipliniert, unordentlich und träge. Und das nur, weil sie nicht gerne früh aufstehen. Dass die Eulen ihre Arbeit und ihre Erledigungen ganz genauso ordentlich, fleißig und diszipliniert schaffen, nur zu einer etwas anderen Uhrzeit, scheint da nicht zu zählen. Man sollte doch meinen, mit der gleitenden Arbeitszeit den unterschiedlichen Bedürfnissen entgegenzukommen, aber trotzdem wird eine Nachteule ein wenig schief angesehen, wenn sie dies auch ausnutzt. Und wehe, die Eule steht dann tatsächlich einmal früh auf! Dann muss sie sich erst recht auf Kommentare der Lerchen im Kollegenkreis einstellen: “Was ist denn mit dir passiert?” oder “Na, bist du heute aus dem Bett gefallen?” Scheinbar scherzhaft verpackt, aber dennoch bleibt bei der Eule wenigstens für einen kurzen Moment das dumpfe Gefühl zurück, man halte sie für faul und träge.
Ich bin eher der Typ Nachteule und habe früher je nach Möglichkeit meistens erst um neun angefangen zu arbeiten. Heute schaffe ich es in der Regel, um acht Uhr herum im Büro zu sein, manchmal sogar etwas früher. Aber gerade bei vielen sehr früh aufstehenden Lerchen um mich herum kenne ich die oben beschriebenen Situationen, mit denen ich in dieser Form allerdings leben kann.
Doch in bestimmten Konstellationen kann ein Aufeinandertreffen von Eule und Lerchen durchaus bis zum Mobbing gehen. Ich erinnere mich an mein Arbeitsumfeld in Frankfurt Anfang der neunziger Jahre. In dieser Abteilung arbeiteten berufsbedingt (Tourismusbranche) über neunzig Prozent Frauen. Es hatte sich ein Grüppchen der Frühaufsteherinnen gebildet, das sich morgens um halb acht in einem Büro zusammenrottete und bei vielen Tässchen Kaffee eine muntere Lästerrunde einläutete – bei geschlossener Tür. Die wenigen Eulen, die erst gegen halb neun eintrafen, waren da schnell ausgegrenzt, ganz davon abgesehen, dass nicht jeder Interesse daran hat, eine Stunde Arbeitszeit mit Kaffeetrinken und schwätzen zu verbringen. Es gab auch solche wie mich, die sich hin und wieder noch ein Viertelstündchen in die morgendliche Runde einklinkten. Nicht förderlich für die Kollegialität ist es allerdings dann, wenn man beim Betreten des Raum mit einem: “Ach, du bist auch schon da!” begrüßt wird. Dies veranlasste mich sehr spontan, die Tür wieder zu schließen – von außen, versteht sich. Die spätere Erklärung der Kollegin, es sei nur ein Scherz und nicht böse gemeint gewesen, konnte ich nicht so recht glauben.
Später löste sich die Sache von selbst auf. Mehr als die Hälfte der Kolleginnen wurde schwanger und es kamen neue, richtige Eulen in die Abteilung, die selten vor halb zehn im Büro erschienen. Da wurde dann schon eher derjenige schief angeguckt, der um Punkt 16 Uhr sein Hämmerchen fallen ließ.

2 Kommentare

  1. Ulinne - Montag, 22. September 2008 at 00:43

    Also ich bin auf jeden Fall auch eine Eule, Sabine. Früh aufzustehen ist mir immer schon sehr schwer gefallen, aber abends/nachts spät ins Bett zu gehen, fällt mir sehr leicht. *grins*
    Ich genieße – seit ich morgens nicht mehr in die Schule muss – diese nächtliche Zeit der Ruhe. Niemand redet mir da mehr in irgendwas rein, keiner fragt mich was oder stellt irgendeinen Anspruch an mich.
    Die Nacht ist eine schöne Zeit, und am schönsten ist natürlich, dass ich mich nun morgens auch nicht mehr früh aus dem Bett quälen muss.
    Da bist du klar noch im Nachteil.
    Aber meine Nachbarn hier machen auch schon mal die ein oder andere neckische Bemerkung, wenn man mich z.B. plötzlich ungewöhnlich früh (für meine Verhältnisse, die hier jeder kennt) mit dem Hund loslaufen sieht. Doch das ist in der Regel eigentlich eher lustig gemeint. Zumindest stehe ich da drüber, denn ich finde, dass ich es auch ausgesprochen gut habe, über meine Zeit SO autonom entscheiden zu können und trotzdem nicht hungern zu müssen … 😉
    Liebe Grüße
    Ulrike (mal wieder)

  2. Sabine - Montag, 22. September 2008 at 11:10

    Es ist durchaus auch schön, früh aufzustehen – aber für mich eigentlich immer nur dann, wenn ich nicht muss, sondern will. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, jeden Abend mit den Hühnern schlafen zu gehen, nur damit ich morgens um halb sechs wach bin.

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