Über die Fortpflanzung und das Aussterben von Wörtern

Posted on 10 September 2006 at 15:58 in Sehen, lesen, hören.

Mit den Wörtern ist es wie mit den Menschen: Manche pflanzen sich fort und vermehren sich stark, manchen sterben aus, einige entstehen neu durch ungewöhnliche Kreuzungen und andere geraten in Vergessenheit.
Da war zum Beispiel ein unsicheres graues Mäuschen namens Eigentlich-Nicht oder auch Nicht-So-Richtig. Wie man schon an seinen Namen erkennt, konnte es sich nicht so richtig entscheiden, wie es denn heißen wollte und eigentlich war es sich nicht sicher, ob es überhaupt einen Namen haben wollte. Dann traf es einen starken, selbstbewussten englischsprechenden Kerl mit dem kraftvollen Namen Not-Really. Das graue Mäuschen und der starke Kerl heirateten und das Mäuschen nahm mit größter Selbstverständlichkeit seinen Namen an. Weil man ihn aber hierzulande so schwer verstand, machte es ein Nicht-Wirklich daraus. Frau Nicht-Wirklich bekam viele, viele Kinderchen von dem Kerl und alle nannten sie sich Nicht-Wirklich. Sie sahen alle gleich aus und wurden zu einer richtigen Modebewegung. Doch wie es mit allen Modebewegungen so ist, wurden sie irgendwann von einer anderen Mode abgelöst und starben wie Hippies, Punker oder Popper aus.
Interessant ist auch die Geschichte der kleinen, zierlichen Frau Weil und dem dicken Herrn Hauptsatz. Kein Mensch hätte je gedacht, dass die beiden ein Paar werden könnten, passten sie doch so ganz und gar nicht zusammen. Außerdem war Herr Hauptsatz schon seit ewigen Zeiten mit Frau Denn liiert. Doch wie es im Leben so oft passiert, langweilte sich Herr Hauptsatz nach so vielen Jahren mit Frau Denn und er konnte keinen Gefallen an ihren wachsenden Fettpölsterchen finden. Dass auch er immer mehr in die Breite gegangen war, spielte für ihn keine Rolle. So schnappte er sich die drahtige Frau Weil, die sich nicht an seinem dicken Bauch störte, und ließ sich fortan immer häufiger in der Öffentlichkeit mit ihr blicken. Anfangs versuchten die Leute, das ungleiche Paar zu ignorieren, doch es übte eine derart starke Faszination auf sie aus, dass es nur den standhaftesten unter ihnen gelang, die Namen der beiden niemals in Zusammenhang zu bringen. Noch dauert die Beziehung der beiden an und die Zukunft wird zeigen, ob sie Bestand haben wird.
Unter den adligen Präpositionen gibt es derzeit zwei Phänomene von gegensätzlicher Entwicklung zu beobachten: Während die eine Familie einen extremen Vermehrungsdrang auslebt, scheint die andere auszusterben. Das Geschlecht der Von hat sich mit der Familie Daher verbandelt und überschwemmt die gesamte Republik mit seinen Nachfahren. Keine zwei Schritte kann man gehen, ohne einem Sprössling aus dem Hause Von-Daher über den Weg zu laufen. Ein Schattendasein fristen nun die Nachkommen aus den Familien Deshalb, Deswegen und Darum, und auch einer aus der Sippe Daher ist ohne die Verbindung zu einem Von nicht mehr angesehen.
Anlass zu Besorgnis gibt die Familie Zu. Wurde sie früher ständig und überall eingeladen und war in allen Lebenslagen gern gesehen, so macht man heute einen weiten Bogen um sie. Manch einer rät zwar seinem Freund Herrn Zu, er brauche sich deswegen keine Gedanken machen. Doch spätestens wenn Herr Zu anruft und der Freund ihm erklärt, er brauche ihn in nächster Zeit nicht mehr anrufen, ist die Sache klar: Herr Zu ist abgeschrieben und braucht es bestimmt nicht mehr versuchen.

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