Eine kleine Geschichte

Posted on 13 September 2005 at 16:38 in Persönlich.

Fünf Minuten oder Grande Beziehung
Sandra fegte wie wild durch die Wohnung – sie putzte. Schmutzig und unaufgeräumt war es bei ihr bestimmt nicht, aber heute sollte alles perfekt sein. Außerdem lenkte sie das Putzen vom Herumsitzen und Warten ab.
In ungefähr einer Stunde würde Jan eintreffen. Sie war ungeduldig, gespannt und neugierig. Natürlich auch aufgeregt. Wieder einmal ein Blind Date, obwohl sie sich nach ihrem Erlebnis mit Meinhard nie wieder auf so etwas einlassen wollte. Aber sie war trotz der guten Vorsätze schwach geworden. Jan hatte sowohl Online als auch am Telefon einen sehr sympathischen Eindruck auf sie gemacht. Sandra war sich sicher, dass es auf keinen Fall so ein Reinfall wie bei Meinhard werden könnte. Sie hatte diesmal sehr genau aufgepasst, was er geschrieben und erzählt hatte. Da waren schon einige gemeinsame Interessen und Vorlieben herausgekommen. Leider nur hatte er kein Foto, das er ihr schicken konnte. Sie wusste nur, dass er groß, blond und blauäugig war. Wieder einmal nicht der dunkelhaarige und braunäugige Traumprinz. Aber auf diese Äußerlichkeiten – oder vielmehr Online-Kurzbeschreibungen – konnte man sich sowieso nicht verlassen; das wusste Sandra spätestens seit ihrer Begegnung mit Meinhard.
Sie schaute auf die Uhr – es war kurz nach fünf, noch etwa eine halbe Stunde bis zu seinem Eintreffen. Sie eilte ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Sie hatte sich dafür entschieden, etwas Bequemes anzuziehen. Hellblaue Jeans und eines ihrer Lieblings-T-Shirts in zartem lindgrün. Das passte gut zu ihren kastanienbraunen Haaren und ihren grünen Augen. Nun schnell noch ins Badezimmer, noch einmal die langen Haare bürsten und etwas Eau de Toilette von ihrem Lieblingsduft aufsprühen! Jetzt war sie fertig und lief ungeduldig in der Wohnung umher, immer wieder aus dem Fenster auf die Straße spähend, ob dort ein blaues Auto auftauchte.
Sie kam gerade aus der Küche, wo sie noch einen Blick in den Kühlschrank geworfen hatte, da sah sie ein Auto um die Ecke biegen und auf den Parkplatz gegenüber fahren. Ihr Herz klopfte – das musste er sein! Ungeduldig und zugleich voller Angst schaute sie hinunter. Wenn er ausstieg, würde sie den entscheidenden ersten Eindruck bekommen und wissen, ob es vielleicht nur ein nettes Wochenende werden könnte oder ob alle Möglichkeiten offen waren. Für Sandra schien es eine Ewigkeit zu dauern, bis sich die Tür öffnete und er ausstieg. Sie schaute gespannt hinunter – und atmete dann auf. Nein, das ist kein zweiter Meinhard, dachte sie lächelnd.

Sandra, Jan und Meinhard gibt es im wahren Leben nicht, aber vor genau acht Jahren ereignete sich etwas, das Teil dieser Geschichte ist. Und ich weiß sehr gut, was Sandra in diesem Moment fühlte.

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