Der Schopf auf dem Kopf – Gedanken über die Frisurenmode

Posted on 2 Februar 2004 at 15:57 in Menschen.

Gerade vor ein paar Tagen las ich in einer Diskussion über eine Schauspielerin, sie trüge die Haare immer offen und solle sich doch lieber einmal eine Frisur machen lassen. Das stimmte mich nachdenklich, denn bisher war ich der Meinung, dass auch offene (lange) Haare unter den Oberbegriff “Frisur” fallen. Aber vielleicht irre ich da und man hat nur dann eine Frisur, wenn man zwecks Herstellung derselben einen Friseur aufsuchen muss. Nehmen wir einmal an, diese Definition von Frisur und Nicht-Frisur entspräche den Tatsachen des Lebens. Dann laufe ich also seit ungefähr sechs Jahren ohne Frisur herum. Das entspricht erst einmal nicht meinem Beziehungsstatus. Las ich doch vor einiger Zeit, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Heiraten und Haare abschneiden bestünde. Auf gut deutsch: unverheiratete Frauen haben lange Haare, sobald sie jedoch im Hafen der Ehe angedockt haben, lassen sie sich dieselben abschneiden. Mit meiner nicht vorhandenen Frisur passe ich mich darüber hinaus auch nicht meiner Altersgruppe an. Welche bundesdeutsche Durchschnittsfrau über vierzig trägt schon 60 Zentimeter lang? Und geht nicht mindestens alle vier Wochen zum Friseur? Ich sollte mir mit zunehmendem Alter ernsthafte Alternativen zu “lang und glatt” überlegen. Gerade bei meinen Einkäufen im großen Supermarkt um die Ecke bestaune ich immer wieder zwei weibliche Wesen mit ganz bemerkenswerten Haarkreationen. In tiefer Ehrfurcht lässt mich der Typ “Betonfrisur” erstarren. Man kennt ja solche perfekt liegenden, mit einer Unmenge Haarspray befestigten Frisuren aus der Vergangenheit. Heutzutage ist dieser Trend meistens nur noch bei älteren Damen anzutreffen. Das von mir gesichtete Objekt hat diese Frisurenkreation allerdings bis ins Letzte perfektioniert. Jedes der schwarzen Haare liegt akkurat neben dem anderen und sie alle wölben sich wie eine Mütze im exakt ausgemessenen Abstand über dem Kopf. Nicht das kleinstes Härchen tanzt aus der Reihe, wenn die Dame elegant die Fleisch- und Wurstwaren aus der Theke angelt. Diese unfassbare Perfektion lässt mich jedes Mal grübeln, wie viele Stunden täglich die Trägerin wohl braucht, um sich ausgehfertig zu machen. Vielleicht geht es aber auch ganz schnell: Haare aufsetzen und fertig! Und da wäre noch das Modell “Blonder Mopp”. Es erinnert mich stark an die brutalen Methoden des Friseurhandwerks in den 70er- und 80er-Jahren, als man hemmungslos dunkle Haare in ein Wasserstoffblond verwandelte und zusätzlich die schlaffen Strähnen zu einem Minipli kräuselte. Die Dame scheint sich jedoch mit ihrer Haarpracht wohl zu fühlen, denn die seit Monaten unveränderte Frisur erkläre ich mir mit Wiederholungsbesuchen und äußerster Zufriedenheit mit ihrem Friseur.
Ich schaue mich weiter um, werde aber noch nicht dem Ratschlag folgen:
“Lass’ dir die Haare abschneiden, spätestens wenn du vierzig bist, sonst machst du dich lächerlich.”

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