Unruhiger Morgen, Polizeiauto und Dichter

Posted on 9 Dezember 2003 at 14:40 in Menschen.

Da bin ich heute mal früher aufgestanden als sonst, aber irgendwie hat es nicht so viel gebracht. Das frühe Aufstehen kam nicht ganz freiwillig. Zuerst wurde ich von meinem mitfühlenden Ehemann aus dem Schlaf gerissen, weil er mich anschubste. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, wenn ich Schnupfen habe und nicht so richtig Luft bekomme. Da könnte er doch ein wenig “mitleiden” und wenigstens diese unbeabsichtigten Geräusche aus meinem Munde ertragen. Aber nein, die verschnupfte Frau wurde noch um den letzten Rest Schlaf am frühen Morgen beraubt. Aber damit war es nicht getan, nein, es ging es weiter auf der anderen Seite des Bettes: Licht einschalten und ins Bad gehen – währenddessen blieb freundlicherweise das Nachttischlämpchen an, wahrscheinlich, damit ich meine Träume besser erkennen konnte. Dann erneutes Hinlegen, endlich Licht wieder aus. Durchatmen und der Versuch, wieder einzuschlafen meinerseits. Unruhiges Herumwälzen neben mir. Kurze Zeit darauf erneut Licht an und in die Küche gehen. Natürlich durfte ich wieder bei Licht weiter auf die erlösende Dunkelheit harren. Fünf Minuten später Licht aus. Eigentlich war ich jetzt schon richtig wach und hätte aufstehen können. Aber ich könnte ja auch noch ein Viertelstündchen dösen. Zehn Minuten später erneute Bewegung rechts von mir, dieses Mal aber ohne Licht. Erleichtertes Aufatmen – nur das Fenster wurde gekippt und er legte sich wieder hin. Mittlerweile war es kurz vor sechs, wirklich Zeit zum Aufstehen. Und ausgerechnet da fielen mir die Augen zu und ich hätte noch gut ein Stündchen ruhen können. Dann sprang der Wecker auf 6 Uhr 18: Mein Angetrauter stand endgültig auf und ging ins Bad. 6 Uhr 25: Ich hörte ihn die Treppe hinunter gehen. Ich rollte mich aus dem Bett und ging unter die Dusche.
Kurz nach sieben machte ich mich auf den Weg zur Arbeit und freute mich, heute mal recht früh da zu sein. Aber falsch gedacht! Auf dem Südschnellweg stand ich prompt im Stau. Wahrscheinlich wieder ein stehen gebliebenes Auto irgendwo, vermutete ich. Minuten später konnte ich Blaulicht erkennen. Und was sah ich dann? Ein einsames Polizeiauto stand mit Blaulicht ohne erkennbaren Grund auf der rechten Fahrbahn und alle mussten drum herum fahren. Hatten die nichts Besseres zu tun als morgens im Berufsverkehr dort zu parken? Oder führten sie etwa auf ihrem außergewöhnliche Posten eine Verkehrszählung durch? Vielleicht war dort auch tatsächlich ein Unfall geschehen, die Unfallstelle mittlerweile schon geräumt, aber das Protokoll noch nicht geschrieben. Vielleicht gibt es eine Vorschrift, dass das Protokoll am Unfallort geschrieben werden muss. Also sitzen die Polizeibeamten danach im Auto – egal wo es gerade steht – und tippen den Bericht. Wenn das so ist, dann stimme ich sofort dafür, diese Vorschrift zu ändern. Nur wenige Meter weiter könnten sie den Schnellweg verlassen, dort gibt es gleich links einen McDonalds, und dort könnten sie gemütlich bei einem Frühstück ihren Bericht schreiben. Beim Polizeiprotokoll fiel mir sofort die Schreibmaschine ein. Ob auch in den Streifenwagen Schreibmaschinen integriert sind? Werden die Protokolle heutzutage immer noch mühsam mit Zwei-Finger-Suchsystem in die Maschinen gehauen? Das letzte Mal durfte ich ungefähr vor siebzehn Jahren einem solchen Ereignis beiwohnen. Das lustigste Erlebnis war allerdings ein Besuch bei der Gendarmerie in Théoule-sur-Mer, einem kleinen Ort westlich von Cannes. Das war im Urlaub 1989, und man hatte meinen kleinen Corsa und noch ein weiteres Auto in der Tiefgarage einer Ferienhaussiedlung aufgebrochen. Aus meinem Auto hatten sie das Radio geklaut, aus dem BMW des anderen Pärchens etwas mehr. Wir fuhren also gemeinsam zur Polizei und ich machte als Erste meine Angaben. Der Gendarm fragte mich erstaunt, ob ich auch Touristin sein. Wahrscheinlich machte ich auf ihn nicht diesen Eindruck, denn ich trug nicht die Urlaubsverkleidung, an der man die beiden BMW-Snobs gleich erkannte und außerdem konnte ich mich auf französisch recht gut verständigen. Übrigens war dieser Gendarm ein richtiger Dichter, denn im Protokoll schrieb er sinngemäß: “Der Täter machte sich die Gunst der dunklen Stunde zunutze, um die Tat zu begehen.” (Schade, diese Seite des Protokolls hatte ich damals nicht kopiert.) Als ich meine Sache dann geregelt hatte, “durfte” ich für das BMW-Pärchen Dolmetscherin spielen. Leider waren sie der französischen Sprache nicht mächtig und damit entging ihnen bedauerlicherweise die eine oder andere Spitzfindigkeit des Gendarms. Das Auto war, wie sich herausstellt, ein Geschäftswagen von Papi, und außer dem Radio waren Portemonnaie aus dem Handschuhfach (!) und Tennisschläger von der Rückbank entwendet worden. Das veranlasste den Gendarmen zu der spöttischen Bemerkung, sie hätten wohl kein Zimmer, um ihre Sachen aufzubewahren. Ich zuckte nur die Achseln und wir grinsten uns an. Nachdem die notwendigsten Sachen geklärt waren, überließ ich die beiden ihrem weiteren Schicksal. Sie haben sich später nicht einmal für meine Hilfe bedankt. Wenn ich das geahnt hätte, dann hätte ich mir vorher dreimal überlegt, ob ich ihnen weiterhelfe. Oder einfach ganz frech grinsend diese Frage nach der Aufbewahrungsmöglichkeit weitergegeben.

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