ESC 2011

Posted on 15 Mai 2011 at 13:01 in Sehen, lesen, hören.

Gestern Abend war es endlich wieder soweit und 25 europäische Nationen traten zum Sangeswettstreit an. Eingangs präsentierten die Moderatoren (Stefan Raab, Anke Engelke und Judith Rakers) den Vorjahressieger “Satellite” in einer sehr flotten Version, und Lena sang am Ende auch kurz mit.
Dann durften wir die neuen Kandidaten erleben:

  1. Finnland – Paradise Oskar: Da Da Dam
    Hier kommt der fröhliche Junge mit der Gitarre! Der Titel klingt recht einfältig, die Melodie ist ganz schön. Inhaltlich geht es nicht nur um Bla-Bla oder Da-Dam, sondern um einen Jungen, der die Erde vor Umweltproblemen retten will.
  2. Bosnien und Herzegowina – Dino Merlin: Love in Rewind
    Wieder ist der Hauptdarsteller ein Mann mit Gitarre, dieses Mal ein älterer, bärtiger Herr. Umringt von seinen Mitsingern lässt er Balkangitarrenrhythmen erklingen, die begleitet von einem Feuerwerk enden. Danke. Hat mir nicht gefallen.
  3. Dänemark – A Friend in London: New Tomorrow
    Immer wieder war der dänische Beitrag als Rocksong angekündigt worden, aber mich haben die vier Jungs mit Popsöngchen enttäuscht. Ich hatte definitiv mehr Rock erwartet, da fehlte der Pfeffer. Auch des Sängers merkwürdiges Hemd ohne Rückenteil konnte da nicht helfen.
  4. Litauen – Evelina Sašenko: C’est ma vie
    Jetzt ist eine Ballade an der Reihe. Untermalt mit getragenen Klavier- und Geigenklängen trägt die dunkelhaarige Sängerin ihr Lied vor und verstärkt die Dramatik mit ausdrucksvollen Gebärdensprachengesten. Bei der Auswahl ihres Kleides hätte sie besser den zentralen Aufbau der Bühne berücksichtigen sollen. Als die Kamera sie umkreist, springt überdeutlich der ausladende Po unter dem im mittleren Körperbereich arg figurbetonten Kleid ins Auge.
  5. Ungarn – Kati Wolf: What About My Dreams
    Nun geht es in die Disko. Die blonde “ältere” Dame (immerhin schon Mitte 30) trägt ein Discopopliedchen mit flottem Rhythmus vor. Yeah – die ungarische Madonna? Was unten am blauglänzenden Kleid fehlt, hängt bei ihr über dem linken Arm. Insgesamt nicht schlecht, ist auf jeden Fall als Gute-Laune-Lied zum Autofahren geeignet.
  6. Irland – Jedward: Lipstick
    Die irren – ach nein, irischen Zwillinge … 80er-Jahre Synthiepop mit extremen Hochfrisuren und rote, uniformähnliche Glitzerjacken mit genauso extremen Schulterpolstern hüpfen und springen da über die Bühne, während sie immer wieder dasselbe singen. Okeee, man muss es wohl nur oft genug hören, dann findet man es plötzlich auch ganz gut. Aber es ist wahrscheinlich zu verrückt für einen Siegerplatz.
  7. Schweden – Eric Saade: Popular
    Gutaussehender Schwede mir sehr poppigem Popsong – na ja, er will ja schließlich “popular” werden. Am Ende sperren ihn seine Mittänzer in einen Glaskasten, dessen Scheibe dann zerspringt. Hat er sie etwa zersungen? Oder zerschlagen? Nein, wir erfahren, es wurde mit technischen Hilfsmitteln ausgelöst. Wahrscheinlich wurde das Lied auch so produziert: Europopsongmaschine mit Namen und Titel gefüttert, und schon war’s da.
  8. Estland – Getter Jaani: Rockefeller Street
    Aha, Getter ist eine Frau! Im rosa Kleid bewegt sie sich zwischen Häusermodellen zum Stampfrhythmus. Ähem. Gezählt wird dabei “1, 2, 7, 3 …” Was soll uns diese Reihenfolge sagen?
  9. Griechenland – Loukas Yiorkas feat. Stereo Mike: Watch My Dance
    Müssen griechische Sänger eigentlich immer Tempel und Säulen im Hintergrund haben? Ist das Vorschrift? Und was soll diese Kombination: Rap, altbekannter Griechenpop und dann noch ein traditioneller Tanz mit Feuersäulen und Jackenwegwurf?
  10. Russland – Alexei Vorobyov: Get You
    Lichstrahl an, es fängt russisch an. Sänger, Tänzer, und irgendwas noch soll er sein – vermutlich der russische Mädchenschwarm. Und dann lässt er sich das Lied auch noch von dem Komponisten der Lady schreiben. Trotz Salto beim Singen kann mich der Jüngling nicht überzeugen.
  11. Frankreich – Amaury Vassili: Sognu
    Oh – ein Opernsänger! Und: Ah – die moderne Version mit Mopp aufm Kopp! Ob das hier die richtige Plattform für ihn ist? Interessant: Frankreich lässt korsisch singen, was sich wie italienisch anhört und deswegen besser zur Oper passt. Das Lied passt aber nicht hier rein.
  12. Italien – Raphael Gualazzi: Madness of Love
    Canzone italiano mit Jazz und Blues – das ist überhaupt nicht mein Geschmack. Der Sänger spielt Klavier und dann kommen noch kreischende Blechinstrumente dazu. Macht, dass ihr schnell zum Ende kommt, das halten meine Ohren nicht aus!
  13. Schweiz – Anna Rossinelli: In Love for a While
    Die Sängerin tritt in Begleitung von Gitarre und Bass auf. Eine schöne Stimme hat sie ja. In der Kategorie Reggae hätte ich die Melodie jedoch nicht eingeordnet. Leider hat man ein wenig am Text gespart, viel zu oft und viel zu lange trällert sie “Nananana…”.
  14. Vereinigtes Königreich – Blue: I Can
    Großbritannien macht einen verzweifelten Versuch mit einer Ex-Boy-Band und einem Titel, der wohl den Sieg suggerieren soll. Die “Blauen” sind zwar ganz blau gekleidet, aber in grünes Licht getaucht. Merken: Take That kann man nicht nachmachen! Und ob dieser typische Boybandsong erfolgreich sein wird, werden wir sehen.
  15. Moldau – Zdob si Zdub: So Lucky
    Zu Hilfe: die sieben Zwerge mit Spitzhüten! Ach nein, es sind nur drei, aber das macht es auch nicht besser. Ska heißt das, was sie da veranstalten, wilde Trompeten und Gepfeife. Zwischendurch rollt eine Zwergenfrau auf einem Einrad über die Bühne. Ich sehne das Ende herbei.
  16. Deutschland – Lena: Taken by a Stranger
    Auch wenn’s „unsere“ Lena ist, diese Musik trifft nicht meinen Geschmack. Das klingt zwar interessant, aber es ist irgendwie düster und “strange”. Bei den Tänzern in silberfarbenen Ganzkörperanzügen, die auf der Leinwand auch noch vervielfältigt werden, muss ich an Aliens denken. Da wäre es doch als Schlusseffekt passend gewesen, wenn ein Raumschiff aufgetaucht wäre, seine Luke geöffnet und Sängern Lena auf einem Lichtstrahl ins Innere gezogen hätte.
  17. Rumänien – Hotel FM: Change
    Der Sänger in schwarzweiß gestreifter Hose tritt mit Klavierbegleitung auf. Er präsentiert einen netten Popsong, der mir irgendwie bekannt vorkommt. Liefe das im Radio, würde ich nicht direkt wegschalten, aber es plätscherte mehr oder weniger an mir vorbei.
  18. Österreich – Nadine Beiler: The Secret Is Love
    Österreich ist auch wieder dabei: Die Sängerin mit Mireille-Mathieu-Gedächtnisfrisur und Celine-Dion-ähnlicher Stimme trägt ihr langsames Liebeslied vor, während sie relativ unbeweglich auf einem Podest steht. Gegen Ende tauchen aus dem Dunkel noch vier oder fünf schwarzgewandete Backgroundsängerinnen auf, die wie schwarze Krähen kräftig die Schlusstöne des Liedes unterstützen. Schöne Ballade, aber meiner Meinung nach keine Chance auf einen vorderen Platz.
  19. Aserbaidschan – Ell & Nikki: Running Scared
    Endlich einmal ein Duett, das fehlte bisher noch. Zuerst sehen wir eine vielarmige Frau – ach so, das war ein Trick, da standen mehrere hintereinander und bewegten ihre Arme schlangenartig. Alles in allem ein schönes Liedchen, mir gefiel es ganz gut. Und endlich wieder einmal ein Vokuhila-Kleid, das habe ich schon so vermisst!
  20. Slowenien – Maja Keuc: No One
    Die Sängerin tritt im schwarzen Kleid auf, darüber trägt sie so etwas wie eine Glitzergardine oder ein Kettenhemd. Eine schöne, kräftige Stimme und eine gut anzuhörende, rockige Pop-Ballade – das trifft meinen Geschmack auch ganz gut.
  21. Island – Sjonni’s Friends: Coming home
    Eine Sechs-Mann-Combo mit Blechbläsern im Hintergrund versucht, mit viel Lalala-Gesang zu überzeugen. Vielleicht gibt es ein paar Extrapunkte wegen der tragischen Vorgeschichte mit dem verstorbenen eigentlichen Interpreten des Liedes. Fazit: Der Moderator bezeichnet es als Kneipenmusik und mich erinnert es ein wenig an Texas Lightning.
  22. Spanien – Lucía Pérez: Que me quiten lo bailao
    Die Spanier beginnen umgehend auf der Bühne zu hüpfen und zu tanzen, die Sängerin trägt einen Netzglitzerrock am pinkfarbenen Kleid. Gibt es nichts Einfallsreicheres als spanischen Tanzgesang? Irgendwie geht es auch ums Tanzen, aber dieses Lied passt besser zur Party im spanischen Strandurlaub als in meine Ohren. Der Titel bedeutet übrigens so viel wie: “Das kann mir keiner mehr nehmen.” Was meint sie damit, den letzten Platz vielleicht?
  23. Ukraine – Mika Newton: Angel
    Oh ja, Sandmalerei! Das finde ich klasse. Stört auch nicht, wenn jemand nebenbei singt. Auch fallen die Engelsflügelstummelärmel am Kleid nicht besonders ins Gewicht. Ich jedenfalls habe nicht auf den musikalischen Beitrag geachtet, die sandstreuende Künstlerin fand ich viel beeindruckender.
  24. Serbien – Nina: Caroban
    Jetzt geht es zurück in die bunten 60er-Jahre: Sängerin plus drei Begleiterinnen in Minikleidern mit Blümchenbordüren und buntbestrumpften Beinen performen leicht jazzigen Sound vor bunten Kreisen auf der Leinwand. Nicht mein Fall.
  25. Georgien – Eldrine: One More Day
    Aber jetzt: Es wird hardrockiger! Etwas in Richtung Lordi oder Teräsbetoni hat mir sowieso noch gefehlt. Sehr schön! Nun, es wird ein Rock-Rap, gesungen von Mann und Frau. Die Sängerin trägt schwarz mit giftgrün, und ich frage mich, warum man ihr vorn auf den Rock ein Sofakissen getackert hat.

Obwohl mir einiges ganz gut gefallen hatte, war ich nach diesen Darbietungen recht unschlüssig, wem ich meine Punkte geben würde, sofern ich welche hätte.
Es folgte die Zwischenunterhaltung. Oh nein, Jan Delay!? Ich habe ernsthaft gefragt, welche Sprache er singt, denn ich habe gar nichts verstanden. abgesehen davon, dass ich diese Art Musik überhaupt nicht mag, macht es der Gesang doppelt so schlimm. Endlich war es vorbei und es folgte die Punkteverteilung.
Da ging es ja ganz schön hin und her, drunter und drüber. Mal der vorn, dann wieder ein ganz anderer. Eben noch auf Platz 8, schon kurze Zeit auf den hintersten Rängen – so ähnlich lief es ab. Natürlich blieb es nicht aus, dass hier und da Nachbarschaftspunkte vergeben wurden, aber es war meinem Eindruck nach nicht mehr so extrem wie in einigen vergangenen Jahren. Gegen Ende wird dann klar, dass Aserbaidschan gewinnen wird. Sei’s ihnen gegönnt, ist ja auch ein nettes Lied. Es stellt sich nur die Frage, wie dieses Land einen derart teuren Wettbewerb finanzieren wird. Wir werden es erfahren. Sehr überraschend landet der italienische Beitrag auf Platz Zwei, damit hätte ich nie gerechnet. Dritter wird der “populäre” Schwede, na, da hat der Titel doch geholfen. Und die Sandmalerin schafft es auf den vierten Platz (wohl eher nicht die Sängerin). Und “unsere” Lena: Platz Zehn – na, immerhin, ist doch in Ordnung.

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