Löwenmauls Worte zur Werbung

Posted on 2 September 2008 at 16:38 in Sehen, lesen, hören.

Das längste Gedicht der Welt

Gefühlte zehn Jahre oder länger – dabei waren es in Wirklichkeit nur drei – bereimte man das angeblich längste Schokoladenkeksteil der Welt mit unsäglich gruseligen Versen. Wenigstens sah die angebetete Jana aus Werle (liegt übrigens in Meck-Pomm) ganz niedlich aus, die Kerle konnten mich als Frau nicht näher an den Bildschirm locken. Nach all dem “duplomatischen” Gereime wäre es an der Zeit für einen neuen Werbespot. Aber nein, dasselbe Team wie damals erschuf eine neue Version von “Reim dich oder ich fress’ dich”. Wir dürfen nun mitfiebern, wer das Herz von Desirée am Comer See gewinnen wird. Liebste Desirée, mir wäre keiner dieser farblosen Jüngelchen einen Griff in die Pralinenkiste wert. Aber die junge Dame will um jeden Preis einen von ihnen ergattern, und wieder einmal fällt die Wahl nicht auf den Gefräßigen, sondern den Genießer, der zudem noch die Papierumhüllung kunstvoll falten kann – dieses Mal zum Schmetterling. Die Werbemacher haben mit ihrem Spot nach eigenen Aussagen versucht, die humorvolle Ansprache auszubauen und uns Konsumenten wieder einen visuellen Genuss zu bieten. Was soll ich sagen: Versuch missglückt? Oder: Ich fress’ lieber das Duplo, bevor es anfängt zu reimen?

Thema verfehlt? – Falsch gesehen!

Wenn man bei einem Werbespot nicht richtig hinguckt, kann man schon einmal zu der Überzeugung kommen, die Macher hätten das Thema verfehlt.
Da reitet eine Frau durch die Wüste – aha, Frau Ferres erkennen wir. Sie sieht etwas eingestaubt aus, aber wen wundert’s bei all dem aufgewirbelten Sand. Dann geht sie in ein Zelt und stellt bei einem Blick in den Spiegel fest: “Was seh’ ich alt aus!” Sie dreht sich um – ah, ein Filmteam, also wird gerade ihr neuester Streifen gedreht. Mit einem Handgriff zieht sie sich die graue Perücke vom Kopf und erstrahlt in frischer Schönheit. “Das wird mir nicht passieren”, kann sie den Zuschauern noch schnell versichern, bevor das faltenglättende Produkt eingeblendet wird.
“Thema verfehlt! Die hätten damit Werbung für eine Haartönung machen können, aber doch nicht für eine Gesichtscreme!” Dies war mein spontaner Kommentar zum Werbespot, denn ich hatte nur gesehen, dass sie die Perücke abnahm. Tatsächlich aber nimmt sie eine Gummimaske vom Gesicht. Huch!? Gummimaske? Ich war der Meinung, die Maskenbildner hätten bessere Tricks drauf, um Schauspieler altern zu lassen. Wie unrealistisch! Muss man zu solchen Mitteln greifen, um sein Produkt zu verkaufen? Und überhaupt: Ist man noch auf dem neuesten Stand, wenn man jedes Fältchen verteufelt und glattbügeln will? Es gibt doch zum Beispiel einen anderen Hersteller von Pflegeprodukten, der schon mit dicken, alten oder faltigen Frauen eine sympathische Werbung produziert hat.

Gähnend ernst gemeint

Die Bucht von Capri. Ein dunkelhaariger Schönling mit nassem Haar sitzt in einem Boot. Ihm gegenüber räkelt sich eine Frau in weißer Bluse. Er steht auf und präsentiert sich in seiner gesamten Länge in seiner weißen Unter… äh, Verzeihung … Badehose. Er fasst sich an die Hüften, an die Badehose … Ähem, zieht er die jetzt aus? Schnitt auf die Frau. Sie wickelt sich die Haare um den Finger. Er geht zu ihr, beugt sich hinunter … Die Kamera schwenkt, wir dürfen wieder einen Blick auf seine Körpermitte werfen. Nein, die Hose ist noch dran. Dann legt er sich halb neben, halb auf die Frau und sie küssen sich. Klappe. Und? Das war’s? Na ja, das so verführerisch wirkende Duftwässerchen für den Mann wird noch gezeigt. Ich bin enttäuscht. Ich hatte etwas Überraschendes erwartet. Als er so obercool im Schlauchboot stand, hätte er gerne einmal das Gleichgewicht verlieren können. Wahlweise rutscht er beim Hinunterbeugen zu ihr vom Bootsrand ab und geht über Bord. Eine Wasserladung ergießt sich über die Lady und sie wirft ihm fluchend das Duftwasser hinterher. Ach nein, man kann sich doch nicht über italienische Machos lustig machen. Die muss man ernst nehmen. Auch wenn es zum Gähnen ist.

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