Löwenmauls Worte zur Werbung

Posted on 6 Januar 2005 at 10:51 in Sehen, lesen, hören.

Überraschend, gemein und witzig

Ich finde die beiden letzten Ikea-Werbespots wieder einmal sehr witzig. Die Devise darin lautet: “Richte deine Wohnung neu ein, aber erzähl bloß keinem, dass du die Möbel bei Ikea gekauft hast.” Wäre es nicht logischer, die Leute präsentierten stolz ihre neuen Möbel und verkündeten, dass sie die bei Ikea gekauft haben? Die Reaktion darauf könnte ein erstauntes “Bei Ikea? Das hätte ich aber nicht gedacht.” sein. Wie langweilig. Solch eine Werbung hätte natürlich nicht diesen Überraschungs- und Hinguckeffekt. Und obwohl die Herkunft der Möbel ein Geheimnis bleiben soll, wird uns doch klar gemacht, dass Ikea-Möbel genauso toll sind wie die aus dem teuren Einrichtungshaus:

Landhaus

Im Landhaus-Spot präsentiert ein Ehepaar seine neue Schlafzimmereinrichtung. Das befreundete Ehepaar bewundert gebührend die schönen Möbel, die offensichtlich als selbst gebaut angekündigt worden waren. “Und das habt ihr tatsächlich alles selbst gemacht?” Der Mann kommt gar nicht zu Wort, seine Frau führt die Unterhaltung und verhält sich dabei völlig unnatürlich und verkrampft. Unter allen Umständen muss sie verhindern, dass das Geheimnis der Einrichtung gelüftet wird. Und so schreckt sie auch nicht davor zurück, ihren kleinen Jungen mit drastischen Maßnahmen daran zu hindern, nach seinem “Nee, stimmt doch gar nicht …” das verbotene Wort mit dem “I” auszusprechen: Flugs nimmt sie ihm seinen Teddy aus der Hand, reißt dem unschuldigen Plüschtier einen Arm ab und beschuldigt das Kind der Tat. Das wäre geschafft, Geheimnis bewahrt. Erstaunlich ist nur, dass anscheinend keiner der übrigen Anwesenden bemerkt, was sie da getan hat. Sie träumen den perfekten Landhaustraum.

Kitchen

Ein Ehepaar empfängt ein befreundetes Paar in seiner Küche mit roten Hochglanzfronten. Der Besucher bewundert die Küche: “Schöne Küche, ist von Ikea, oder?” “Nein, die ist nicht von Ikea”, erwidert der Gastgeber leise, aber bestimmt. Doch der andere lässt nicht locker: “”Doch, klar, habe ich gestern erst gesehen.” Nun weiß sich der Gastgeber nicht mehr anders zu helfen, er schüttet dem Mann ein Glas Wasser ins Gesicht und schreit ihn an: “Ich lad dich in mein Haus ein und du willst meiner Frau an die Wäsche!” Im Hintergrund kommen die beiden Frauen erstaunt näher. Die beiden Männer wissen natürlich, dass diese Behauptung falsch ist, aber die Frauen werden es auch wissen, denn sie hatten sich nicht in der Nähe der Männer aufgehalten. Da kann der Gastgeber nur hoffen, dass sich seine Gäste wutentbrannt verabschieden, sonst läuft er doch noch Gefahr, dass die Küche als Ikea-Küche identifiziert wird.

Sharan-Machos

Ein Mann, um die fünzig etwa, belädt seinen VW Sharan. Da kommen zwei junge Typen in einem orangefarbenen, offenen Auto (übrigens ein Citroën Méhari) angefahren, stoppen und machen sich über ihn lustig: “Kleiner Familiensausflug sum S-trand? Mit Mutti und den Kleinen?” An dieser Stelle fragt man sich, in welchem Land dieser Spot spielt, denn die beiden sprechen fehlerhaftes Deutsch mit deutlichem Akzent. Doch dann ist das Hamburger Kennzeichen an ihrem Auto zu erkennen. Es müssen also Touristen sein, die sich in Deutschland ein Auto gemietet haben. Und dann treffen die Fahrgäste des Herrn ein. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Frau mit mehreren halbwüchsigen Kindern, sondern um vier große, schlanke und hübsche Damen. Aha, da haben die beiden Typen aber total falsch gelegen und der Herr nimmt seine vier Freundinnen auf einen Ausflug mit. Nix Familie, das ist ein alter Aufreißer! Nein, aber auch das ist falsch. Sieht man den Werbespot zum wiederholten Male und schaut genauer hin, dann erkennt man, dass die zweite Dame von rechts erheblich älter ist als die anderen. Also doch “Mutti und die Kleinen”!

Nachtrag 25.01.2004:
Weil so viele Leute auf der Suche nach der Sharan-Werbung hier bei mir landen, noch ein Update: Die beiden Jungs sind laut VW Dänen und den Werbespot kann man sich bei www.peppaspot.de angucken (beides gefunden im Werbeblock von tvforen).

Übersäuerter Charme

Medikamente anbieten wie Bonbons? Wenn dieser Werbespot für Rennie läuft, habe ich jedes Mal ein merkwürdiges Gefühl: Zwei Frauen sitzen sich in der Bahn gegenüber, die eine wühlt hektisch in ihrer Handtasche, fördert zunächst ein Kondom zutage und findet dann endlich das Gesuchte, nämlich die Tablettenpackung. “Auch eins?”, fragt sie die Frau gegenüber, hält ihr zuerst versehentlich das Kondom hin, daraufhin lächelt diese und streicht sich über den Schwangerschaftsbauch. Die andere bemerkt das Versehen und bietet nun gleich zwei der Rennies an. Es mag wohl sein, dass diese Magenaufräumer ungefährlich und auch für Schwangere gut geeignet sind. Trotzdem finde es eigenartig so zu tun, als sei es das Normalste der Welt, einem Wildfremden einfach so ein Medikament wie ein Bonbon anzubieten. Hätte die schwangere Frau gefragt, ob sie eine Tablette bekommen könne, weil sie auch Magenbeschwerden habe, dann wäre mir das unbedenklicher vorgekommen. “Übersäuerter Charme” lautet übrigens der offizielle Titel dieses Werbespots. Mir stößt es dann immer säuerlich auf.

Jogurt für ein ungesundes Leben

Als Helfer gegen Magenbeschwerden wird auch immer wieder Jogurt angepriesen. Doch handelt es sich nicht um stinknormalen Jogurt, etwa noch mit Früchten, nein, es muss ein ganz spezieller sein, der selbst aktiv wird (oder ist?). Damit wir den auch gleich erkennen, heißt so ein Jogurt natürlich nicht Jogurt, sondern bekommt einen gesund oder wissenschaftlich klingenden Namen verpasst. Die Firma Danone zeigt uns zum Beispiel anhand einer Szene aus dem Leben junger, erfolgreicher, berufstätiger und gestresster Frauen, wie ihr neues Produkt namens Activia wirken soll: Zwei junge Frauen nach dem Essen: Die eine hält sich den Bauch und klagt über Verdauungsbeschwerden. Natürlich hat sie keinen blassen Schimmer, wo die Ursachen dafür liegen könnten. Aber da hilft ihr die andere auf die Sprünge. Wie das Gewissen aus der Lenor-Werbung zeigt sie auf die leeren Behälter der Fast-Food-Mahlzeit. “Schau nur, was wir essen!” Frau Eins ist nun ganz erstaunt und ich frage mich, ob sie mit geschlossenen Augen gegessen hat. Sie fragt, wie Frau Zwei es denn macht. Die hat selbstverständlich schon die Lösung gefunden, ein Jogurt, das hilft, die Verdauung zu verbessern. Die Botschaft des Herstellers ist ganz simpel: Iss weiter so ungesund wie bisher, iss zusätzlich unser Jogurt und wir werden ein Leben lang an dir verdienen.

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