Gerade noch mal Glück gehabt

Posted on 18 Oktober 2004 at 18:00 in Haus und Garten.

Manchmal bin ich so doof, dass ich mich hinterher tausend Jahre lang ärgern könnte. Aber das, was ich angestellt habe, ist nicht rückgängig zu machen – normalerweise. Am Samstag waren wir am Nachmittag ein wenig im Garten beschäftigt, Jörg hat die Carportverkleidung und die Gartenhütte gestrichen, ich habe hier und da Verblühtes an den Pflanzen abgeschnitten und die Erde aus den Blumenkübeln in den Beeten verteilt. Den großen und schweren Kübel, der bis dahin die Sonnenblumen beherbergte, wollte ich neben dem Holzweg zur Hütte deponieren. Das Viech war allerdings so schwer, dass ich es auf keinen Fall heben konnte. Jörg war gerade nicht da, und sowieso denke ich immer: Selbst ist die Frau! Also kippte ich den Kübel, um ihn dann auf der unteren Kante über die Terrasse zu rollen. Eigentlich eine prima Idee, wenn nicht zwei Tatsachen im krassen Gegensatz zueinander stehen würden: tonnenschwerer Kübel und Holzterrasse. Das sah ich, nachdem ich knapp zwei Meter zurückgelegt hatte. Der Rand des Kübels hinterließ eine deutliche Spur im Holz, nicht nur eine oberflächliche Abschabung, sondern eine richtige Einkerbung. Gerade in dem Moment trat Jörg aus der Terrassentür und ich sagte nur: “Ich glaube, das war jetzt keine gute Idee gewesen.” Nein, das war eine mehr als schlechte Idee gewesen, es war einer der Momente, in denen ich mich selbst packen, schütteln wollte und fragen: “Warum, warum, warum nur hast du das gemacht? Warum wohl haben wir unter die Füße der Bank Teppichreste geklebt? Hast du das schon vergessen?” Aber es war zu spät. Ich hätte mich selbst in den Hintern beißen können, aber es hätte nichts genutzt. Mehr aus Verzweiflung griff ich nach dem Topf mit der Holzlasur und pinselte über die Rillen. Reine Makulatur, es würde nicht helfen. Immer würde ich auf diese Narben auf der Terrasse starren müssen und immer an meine eigene Blödheit denken.
Am nächsten Morgen hielt die Feuchtigkeit der Nacht noch lange an. Auf jeden Fall so lange, bis die Sonne um das Nachbarhaus bog und ihre Strahlen auf die Terrasse warf. Ich trat einen Schritt nach draußen, um wie so häufig einen Blick in den schönen herbstlichen Garten zu werfen. Dann wagte ich einen vorsichtigen Blick nach unten. Würde es mich immer mit diesem hässlichen Grinsen anstarren und mich an meinen Fehler erinnern? Aber wo war es? War ich etwa noch nicht richtig wach? Ich blinzelte ein paar Mal und ging in die Knie, um das Holz genauer zu betrachten. Da – eine winzige Spur! Doch rein oberflächlich, die Kerbe war stellenweise gar nicht mehr und an anderen Stellen kaum noch zu spüren. So hatte mich die Nachtfeuchtigkeit und das begierige Aufsaugen des Holzes davor gerettet, die Terrasse nur noch mit schlechtem Gewissen betreten zu können!

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